Zum Streit über die Pläne Sozialwohnbausiedlungen niederzureißen gab es von mir in der taz diesen Bericht www.taz.de/Sozialer-Wohnungsbau-in-London/!5274362/
über die Wohnsiedlung Broadwater Farm in Tottenham.

Mein Bericht in der taz beinhaltete eigentlich viel mehr Besuche bei anderen Wohnsiedlungen. Ich war am Ende der Meinung, dass Broadwater Farm alles irgendwie zusammenfasst. Für jene, die etwas mehr lesen wollen, hier der Rest meiner Vorrecherchen:
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Packington Estate in Islington.
Auch hier gab es einst angeblich Sozialprobleme unter den etwa 540 Bewohnern. Tatsächlich lebten hier einige Familien, die in einen kriminellen Lebenstil gerutscht waren. Nachdem es im Jahr 2003 Probleme mit den Gasleitungen bekannt wurden, beschloss die Stadtautorität Islington, die Wohnungen an eine private Miet-und -Baugesellschaft zu verkaufen, damit diese sie dann neu aufbaut.
Anders als in einigen anderen Regionen, pochte man darauf, dass die meisten der vorherigen Sozialmieter hier weiter wohnen können.
Schlechter Bau, und Verbannung aus der Stadt!
Viele derer,die schon umgezogen sind, geben sich im großen und ganzen zufrieden, auch wenn das umziehen anstrengend und teilweise viel länger dauerte als man zuerst annahm. Georg Smith, 80 beschreibt seine neue Wohnung als schön. Er ist aber nicht der einzige, der darauf hinweist, dass die alten Wohnungen zwar kalt, aber solide gebaut waren. „Diese hier, sind nur kosmetisch gut! Ich bin mir sichere, dass man die in 20 Jahren wieder sanieren muss, die Wände sind dünn, wie sonst was, während die alten Wohnungen mit echten Ziegeln gebaut wurden.“ Eine andere Bewohnerin, Mutter dreier Kinder, die nicht genannt werden möchte, behauptet dass das Verfahren auch dazu ausgenutzt wurde, „Mieter die in der Vergangenheit schlecht aufgefallen waren, außerhalb der Stadtgrenze zu verbannen“. „Das ist weder fair, noch löst es die Probleme, die diese Menschen hatten“. Und wissen sie was“, fügt sie hinzu, „da hinten wohnen die Privaten. Gerade da wurde vor Wochen der Lift nach einer all zu heftigen Housewarmingparty zerstört. Wer ist hier also asozial“?, fragt sie.
Packington in Islington liegt in einer Gegend in der eine ein-Zimmer Wohnung inzwischen über um die eine Millionen Euro kosten kann. Von den hier gebauten privaten Wohnungen kann also groß Profit gemacht, und ähnlich wird es bald nicht weit vom neuen Glanzobjekt Nine Elms gehen auf der anderen Seite der Thamse im Südwesten gehen.
Wandsworth: Profit mit 40-stockwerken hohen Privatwohnungen gerade noch verhindert
Hier im Südwesten Londons, dort wo Flugzeuge tief zum Anflug auf Heathrow sinken, liegt direkt an der Haltestelle Clapham Junction der Winstanley Estate. Auch hier stehen Wohnbauten aus den Sechziger Jahren. Die konservative Stadtautorität Wandsworth behält die Region schon lange im Auge zur „Regenierung“. Vor acht Jahren, konnten Anwohner noch den Bau zweier 40-stöckiger Wolkenkratzer für Privatwohnungen, verhindern. Doch auf der anderen Seite kann man schließlich mit dem Argument „maroder Gebäude und asozialer Menschen argumentieren“. Cyril Richert, 43 von der Clapham Junction Acton Group glaubt nach vielen Jahren des Kampfes, dass man gegen die konservativ gelenkte Stadtbehörde nicht ankomme. „Sie hören gar nicht mehr auf uns“ behauptet er. Somit sehen sie sich gezwungen mit Außenstehende zu reden, um so indirekt Druck auf Wandsworth zu machen. Sie verbuchten beispielsweise einen kleinen Sieg, als sich durch Lobbyarbeit beim Londoner Verkehrswesen TFL herausstellte, dass ein weiteres geplantes Hochhaus, mitten auf dem Gelände eines neuen geplanten Bahnhofsausgang stehen würde. Doch die nahezu vollkommene Zerstörung des Winstanley Estates, sagt Richert, lasse sich nicht mehr aufhalten.
Gutes Leben zwischen Mord und Häusern mit Garten.
Im Grunde sind nur drei achtstöckige lange Häuser unter den vielen verschiedenen Sozialwohnbauten in wirklich schlechten Zustand. Bewohner hier erzählen von schlechten Fenstern und Leitungen, aber auch von sehr guten Nachbarn. Viele andere Häuser hier sind nur zweistöckig, ja sie verfügen über eigene Gärten. Gewaltsame Auseinandersetzungen bei denen auch Waffen eingesetzt wurden, ja Mord, sind in der Region nicht unbekannt, jedoch, so bestätigen ein Dutzend befragter Bewohner keineswegs normaler Alltag. Es passierte das letzte Mal vor drei Jahren. Richtig schlimm sei es aber eher vor 15 Jahren gewesen, bevor man einfache Sicherheitsvorkehrungen wie Kameraüberwachung, sicherere Eingänge zu den Wohnungen einführte. Alle behaupten, dass die Gemeinschaft und das Leben hier gut sei. Das Gefühl des Unwohls, so beschrieben es auch Bewohner Broadwater Farms , „sei eher subjektiv, basiert auf Personen, die sich hier nur kurzfristig aufhalten, und welche die Leute hier nicht kennen“. Dementsprechend ist die Anzahl der Menschen, die von Thatchers Right to Buy, dem Recht seine Sozialwohnung zu kaufen, Gebrauch machten auf dem Winstanley Estate nicht minder. „Armutsfalle“?, fragt eine 30 jährige junge Frau erstaunt, als sie von Camerons Plänen 100 Sozialwohnbauten überall im Land zu bulldozern hört. „Ich bin hier aufgewachsen und zur Schule gegangen und bin heute Ärztin“. Ich würde das Leben hier es nicht idealisieren, mein Bruder wurde hier sogar mal für seine Geldbörse überfallen, aber viel schlimmer als anderswo in London ist es auch nicht“, meint sie.
Doch 102 Millionen Pfund für 100 Wohnungen, die Zahl die Cameron für die Gesamtsanierung der Wohnsiedlungen im ganzen Land locker legen will, sind herzlich wenig Geld. Es sei den, man macht Deals mit Bauunternehmen, die den Restbetrag durch den Verkauf privater Wohnungen ausgleichen. So befürchten viele, dass man Mieter vor die Türe stellt oder weit ab in entfernte und billigere Regionen unterbringen lässt. Bald wird auch hier, bis auf zwei bereits jetzt private Hochhäuser alles zu Boden gestampft werden, genau so wie damals in den 60ger Jahren, als die ehemals viktorianischen aus roten Ziegelstein gebauten Sozialwohnungen nicht mehr adäquat erschienen.
Gesicherte Tory Stimmen
Das ist vielleicht dann auch britische Tradition, den auch im East End und in Chelsea handelte man so im 19 Jahrhundert. Das ehemalige Hafenslum Chelsea ist inzwischen Hochburg der Superreichen, ja in manchen Vierteln liegt der Großteil der Sozialwohnungen Privateigentum. Das mag auch der Traum in Wandswoth sein, nicht weit von Winstanley entstehen überall lukrative Glasbauwüsten. Labours Tony Belton, der seit 40 Jahren oppositionelles Mitglied des Stadtrates für die Gegend um Winstaley Estate ist, sieht den ganzen Prozess als politisch bedingt. „Die Anzahl der Sozialwohnungen sei schließlich ausschlaggebend, ob eine Region eher konservativ oder Labour wählt“, behauptet er. Städte mit weniger Armen, mehr Privateigentum weit und breit und eine gesicherte Stimmen für die blaue Partei.
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