Which Scotch, please? | Welchen Scotch, bitte?


Springbank Brennerei (c) Springbank
Springbank Brennerei (c) Springbank

In der Taz erschien am 18.9.2014 dieser Text http://taz.de/Referendum-in-Schottland/!146204/

Es war aber eine gekürzte Version, die sich nur mit dem Whisky befasste.   Hier der ganze Text, der weiteres über die Exporte nach Deutschland besagt und die Geschäftsleute hinter den Produkten.

In Taz a text from this long feature today online.  The only deals with the export of whisky to Germany.  However in this long and full version you can read more about the businesses behind the products exported from Scotland to Germany.

Referendum Schottland: Welchen Scotch, bitte?

Schottische Geschäftsinteressen im Split.

Aus London, Daniel Zylbersztajn

Ist Schottland unabhängig besser oder nicht? In der britischen Presse diskutierten bis heute, dem Stichtag,  besonders viele Geschäftsstimmen diese Frage. Da sagte beispielsweise der englische Exchef des britischen Supermarktgiganten Sainsbury, Justin King, man werde die Kosten für eine Umstrukturierung im Falle eines Yes, an die Kunden weitergeben. Der Gründer des in Schottland verwurzelten multinationalen Transportunternehmens Stagecoach, Sir Brian Souter, hingegen unterstützt das Referendum offen. Die Ängste der Geschäftswelt seien überspitzt, erklärte er der BBC, denn viele in der Businesswelt fürchten viel mehr die Gefahr eines Austritts ganz Großbritanniens aus der EU“.

Kritiker mögen sagen, der Schotte Souter trank sich aus nationalistischen Interessen extra Mut zu das zu sagen, vielleicht sogar mit einem Gläschen echten Scotch Whisky. Aber auch um jenes Hauptexportprodukt Schottlands herrscht eine rege Referendumsdebatte. So verkündete die Schottische Whiskyvereinigung selber, dass ein Ja, aufgrund der Ungewissheit der schottischen Währung und die nicht garantierte spätere EU Mitgliedschaft Schottlands, Schaden anrichten würde.

Das mag letztendlich auch Deutsche interessieren, denn auch nach Deutschland wird schottischer Whisky exportiert. 2012 wurden Getränke und Nahrungsmittel im Wert von € 295 Mio. aus Schottland in die Bundesrepublik importiert (globaler Exportwert €5.27 Mrd.). Insgesamt kommen in Deutschland Waren im Wert von € 1.9 Milliarden aus Schottland an (globaler Export Schottlands € 30 Mrd.), allen voran sind es Großhandel und Textilwaren (€ 364 Mio.), gefolgt von Produkten des Elektro und Maschinenbereich (€ 345 Mio.).

Die Stellung der schottischen Whiskyvereinigung gegen die Unabhängigkeit, kommt aber nicht überraschend. Viele der großen Marken gehören schon lange nicht mehr den eigentlichen schottischen Whiskybrennereien selber. Johnnie Walker, die populärste schottische Whiskymarke, gehört beispielsweise zusammen mit J&B, der Diageo Gruppe, die aus einem Zusammenschluss der irischen Guinnessbrauerei und dem englischen Immobilienmogul Grand Metropolitan entstanden ist. Somit liegt das Interesse an eine Beibehaltung der Union auf der Hand. Auch bei den beliebten Whiskymarken Ballantine, Glenlivet und Chivas Regal sieht es nicht anders aus, denn hinter diesen Malts steht der globale Getränkegigant Pernod Recard, der mit heiteren Tropfen aus weiter Welt ein Milliardengeschäft führt. Eine Handvoll unabhängiger schottischer Whiskybrennereien gibt es aber dennoch. Sieht man dort das Referendum positiver?

Bei Springbank, einer dieser wenigen Brennereien, prophezeit Exportleiter Ranald Watson keinerlei Probleme im Falle der Unabhängigkeit Schottlands. „Sie ist gut für Schottland, weil die Interessen viel direkter vertreten werden”, deklariert er und betont, dass Springbank einer der 200 Firmen ist, die sich vollkommen offen für ein Ja ausgesprochen hätten. „Wir werden auch mit einem Ja unsere Kunden behalten können, ein Problem ist das höchstens für große Investoren, weil sie keine Veränderungen mögen”, meint er. Mir einer jährlichen Wachstumsrate von 10 Prozent, und 66 Angestellten gibt er sich selbstsicher. 10 Prozent der Springbankexporte landen auch in Deutschland.

Aber laut Michaela Tünnermann, der Geschäftsführerin des deutschen Whiskyspezialgeschäfts Whiskybotschaft GmbH, ist es nicht ganz so einfach, denn beim Alkohol gelten zum Teil länderspezifische Regelungen, wie die Alkoholsteuer. „Sollten bei einer Unabhängigkeit ohne EU-Mitgliedschaft Importzölle hinzukommen, würde es die Preise nach oben treiben“, schätzt Tünnerman. Treffen würde das ihrer Meinung nach besonders die Standardware zwischen 25 und 95 Euro treffen, da hier der Anteil der Steuern proportional höher liege. „Bei Raritäten und Sondereditionen, die im Preissegment von einigen Hundert Euro oder mehr angesiedelt sind, spielt dies aber nur eine untergeordnete Rolle, zumal solche Flaschen oftmals auch Sammlerobjekte oder Wertanlagen darstellen”, erläutert die Whiskyexpertin.

Das team von Scottoiler.  (c) Scottoler
Das team von Scottoiler. (c) Scottoler

Aber auch in anderen Sektoren kann man durchaus Stimmen hören, die mit der potenziellen Unabhängigkeit weniger Probleme haben. Scottoiler ist eine unter Motorradfahrern bekannte Marke. Die Firma entwickelt mit ihren 16 Angestellten automatische Kettenschmiersysteme. 60 Prozent ihres € 1.26 Mio. Umsatzes entsteht durch Exportprodukte, von welchen, mit BMW als Stammkunde, ganze 43 Prozent nach Deutschland gehen. Verkaufsmanager Kevin Rooney gibt sich deshalb zuversichtlich. Die Unabhängigkeit könnte mit freundlichen Steuergesetzten, sogar Vorzüge haben“, hofft er. „Wenn überhaupt wird, es nur kurz wehtun“, so Rooney. Ein zeitbegrenzter Austritt aus der EU oder auch das Fehlen einer Währungsunion sei kaum problematisch, denn man könne ja in jeder beliebigen Währung handeln, auch jetzt tun sie das schon in Euro.

Rosemary Eribe. (c) Eribe
Rosemary Eribe. (c) Eribe

Das meint auch Rosemary Eribė und sieht sich somit keineswegs besorgt. Die Gründerin und Geschäftsführerin der erfolgreichen Strickwarenfirma ERIBÉ, welche mit einem jährlichen Umsatz von 1.1 Mio., 13 Festangestellte und 240 Strickerinnen unterhält, suggeriert sogar, dass ein schlecht stehendes Pfund gut für ihre Exporte sei. Deutschland ist der zweitstärkste Abnehmer ihrer Produkte. Gerade ihre deutschen Kunden würden ihr raten, Ja zu stimmen, weil Schottland dann näher zur EU stehen würde“. „England will mit seiner Einwanderungsphobie aus der EU raus, während Schottland stattdessen mehr Einwander braucht und gerne in der EU ist“, gibt Eribė weiter an. Initiativen des Schottischen Regionalparliaments hätten der Firma gut getan, zum Beispiel gemeinsame Handelsmissionen mit anderen schottischen Firmen.

Aber schottische GeschäftsinhaberInnen stehen keineswegs einstimmig zum Thema Unabhängigkeit.

Ivor Tiefenbrun, den Gründer der Hi-Fi Edelmarke Linn und Hersteller des Kultplattenspielers Linn LP12, mit einem derzeitigen Jahresumsatz von € 20 Mio. und 175 Angestellten, verblüfft der Drang anderer nach Unabhängigkeit. Schottland hat so oder so schon verloren”, schimpft er, denn selbst bei

Ivor Tiefenbrun, Gründer von Linn
Ivor Tiefenbrun, Gründer von Linn

einem Nein seien die Konzessionen bereits jetzt viel zu weit gegangen. Mit Kunden in England und dem Vereinigte Königreich als Hauptabnehmer, will Tiefenbrun wissen, warum man ausgerechnet die größten Abnehmer schottischer Produkte verärgern möchte, und obendrauf neue Steuersysteme und Zahlungssysteme oder eine Reduzierung der kommerziellen Aktivitäten und des Tourismus in Kauf nehmen möchte und frägt weiter: „Kann mir jemand bitte konkrete wirtschaftliche Vorteile nennen, die all diese möglichen Nachteile zur Seite schieben?“ Den Leuten werde der Mund süß geredet, ohne dass irgendwelche konkrete Fakten auf den Tisch gelegt werden, meint Tiefenbrun, der sich einst als Wahlkandidat für die Konservativen versuchte. Er hat aber auch eine ganz persönliche Furcht, denn sein Vater flüchtete einst mit dem Kindertransport nach Großbritannien. Deshalb warnt er: „Das Bündnis zwischen Links und Nationalismus, wie es die Schottische Nationalpartei (SNP) demonstriert, ist mir suspekt“. 

Auch viele große Banken und Finanzinstitute wie Lloyds, HSBC und Standard Life bleiben der Frage der Unabhängigkeit gegenüber weiterhin skeptisch eingestellt und nutzen ihre Macht, um Wähler zu beeinflussen, denn am Ende wird es die schottische Bevölkerung selber sein, die sich am Donnerstag entscheiden muss, ob sie in der Union bleiben will oder nicht. Eine Mitarbeiterin ERIBÉs erklärte, in Schottland sei das Referendumfieber ausgebrochen.

Da mag nur eins helfen, Scotch! Nur welcher? Der Globale oder der Unabhängige?

 

(Zahlen Angaben Schottische Regierung, FT)